Geschichten, Glossen, Satiren, Humor, Unsinn, Erleuchtung - ich lache auch für Kalauer

Montag, 7. November 2011

Und sie dreht sich noch immer

Die Erde dreht sich – ununterbrochen, vierundzwanzig Stunden am Tag und das auch in der Nacht.
Es gibt keinen Stillstand, keinen Ruhetag, nicht mal unbezahlten Urlaub. Sie dreht sich.
Und wir sind dabei.
Sommer war, Herbst ist, Winter wird und der Frühling läuft sich schon warm. So kreist die Erde um die Sonne und die Zeit bleibt nicht stehen.
Wir, die Erdenbürger, sind unterwegs.
Manche sagen, wir entwickeln uns; andere sagen, früher war besser. Der eine sagt, es gehe ihm alles zu schnell; der andere fragt: Wann sind wir endlich da? Und ein dritter sträubt sich und will nicht weiter. 
Aber es geht weiter. Gerade haben wir die 7-Milliarden-Menschen-Marke erreicht. Zweiundzwanzig davon sind meine Facebook-Freunde, 6.999.999.978 Freundschaftsanfragen stehen also noch aus.
Doch vorerst möchte ich Nargis, Alexander und Danica aus Indien, Russland und den Phillipinen begrüßen, die jeweils von ihren Ländern als siebenmilliardenster Erdenbürger benannt wurden.
Somit gibt es offiziell drei 7-Mrd-Babies, aber 1,3 Mrd Chinesen. Wenn nur ein Prozent von ihnen Urlaub in Deutschland machen würde, liefen jetzt 13 Millionen durch unsere Straßen.
Seit ich diese Rechnung angestellt habe, fallen mir Massen chinesischer Touristengruppen auf. Man sieht sie vor allem am Main, am Römer und in Duty Free Haushaltswarenladen auf der Berliner Straße. Ich weiß nicht, was sie an deutschen Kochtöpfen finden, aber in diesen Läden sieht man sie ständig und es ist ein großes Bohei.
Mit großer Freude beobachte ich auch Asiaten beim Sich-gegenseitig-Fotografieren. Da wird posiert, gegiggelt, gelächelt und ernst geschaut – Hauptsache, ein Fachwerkhaus im Hintergrund oder ein Dom oder ein Brunnen. 

Das erinnert mich an Urlaubsbilder, einer ehemaligen Arbeitskollegin. Sie unternahm mit ihrem türkischen Mann eine Reise nach Istanbul. Wenn sie von ihrem Mann sprach, nannte sie ihn immer „den Ollen“ – und der Olle war auf jedem Bild zu sehen. Mit ernstem Gesicht, Bauch und Schnäuzer stand er vor einer Sehenswürdigkeit, und jedes Bild war verwackelt und schief, und der Olle war genauso unscharf wie die Sehenswürdigkeit. Was sagt man in so einem Fall? 
„Interessant! Und das ist die Hagia Sophia?“
„Ne, das ist der Olle.“
Es gibt unter den sieben Milliarden auch welche, denen ich keine Freundschaftsanfrage stellen möchte.

Während ich dies schreibe, geht es weiter. Vielleicht in die Rezession oder in die Inflation, oder erst mal in den Winterurlaub.
Reisen am Jahresende haben den Vorteil, dass man sich nicht fragen muss, wo und mit wem man Sylvester verbringen soll, und den Nachteil, dass man sich fragen muss, wohin und mit wem man in Urlaub fahren will. Geworben wird viel und süß ertönt das Lied von Sonne, Palmen und all inclusive; aber eine anständige Werbeanzeige für magische Destinationen verführt mit vier Bildern, auf denen gezeigt wird: 
Ein exotisches Tier (sattgrüner Frosch oder galoppierender Gepard), eine beeindruckende Landschaft (grüne Berglandschaften / Sturzbäche), ein bekanntes Bauwerk (Hagia Sophia / Halle der Höchsten Harmonie) und ein oder mehrere pittoreske Einheimische in authentischen Situationen (Kunsthandwerker / Marktleute).
Falls jemand ein Motiv für den Einheimischen in authentischer Situation braucht: Ich mache mir jetzt ein Bier auf sage zàijiàn und arrivederci; tschüss und ciao; hasta luego e à bientôt. 

Ihr MBW

1 Kommentar:

Meister scharf hat gesagt…

:)